Korfu

Teil 1 | Die Ankunft

von René Schäfer
Erstveröffentlichung: 26. Mai 2019
Lektorat: 22.07.2025

22. Mai 2019

Von der albanischen Hafenstadt Sarandë bis zur Marina Gouvia auf Korfu sind es etwa fünfzehn Seemeilen. Rasmus war uns hold: Wir konnten mit einem wunderbaren Halbwind bei herrlichem Sonnenschein die Überführung abschließen. Nachdem wir die Hoheitsgewässer Griechenlands erreichten, setzten wir die blau-weiß karierte griechische Flagge und darunter den gelben Stoff. Wir spielten „Syrtaki“ über unsere Cockpitlautsprecher und tanzten dazu auf dem Vordeck: linkes Bein, rechtes Bein.

Drei Meilen vor unserem Ziel schlief der Wind ein. Wir starteten den Penta und bereiteten uns auf das Anlegen vor. Tonnen markierten das Fahrwasser zur Marina. Beim Blick auf die Seekarte und den Tiefenmesser bemerkten wir, dass es auf der Zielgeraden zur Marina ziemlich flach wird. Wir meldeten uns über Kanal 69. Nachdem wir die letzten Tonnen passiert hatten, wurden wir aufgefordert zu warten. Ein kleines Motorboot kam in unsere Richtung – wir sollten folgen. Bei etwa zwanzig verschachtelten Stegen mit insgesamt 1100 Liegeplätzen ist das ein notwendiger Service.
Das Anlegemanöver gelang, der Anleger schmeckte. Die Polaris hatte ihr Ziel erreicht.

Marina Gouvia

Die Marina Gouvia ist einer der größten Marinen in der ich je gewesen bin. Beeindruckend ist die hohe Anzahl an privaten Yachten älterer Baureihen. Neben unserer Yacht lag ein hübsches Schiffchen, welches nach Angaben des älteren Eigner-Ehepaares ein Unikat sei. Man habe es vor zehn Jahren erworben. Ihr Sohn sei Kapitän. Er habe sie erst zum Segeln gebracht. Nun lebt man auf dem Boot für die meiste Zeit des Jahres. Während des Gesprächs kratzten sie Fugenmasse zwischen den Stabdeckplatten heraus um es zu erneuern.  

Auf unserem zugewiesenen Liegeplatz sei für gewöhnlich eine Dufour 45 Classic, die sich aber noch auf dem Trockendock befindet und gewartet wird. Die wollte ich mir später mal ansehen…

 

Die erfolgreiche Überführung sollte natürlich mit einem guten Abendessen gefeiert werden. Die Lage unseres Schwimmsteges war nicht optimal, sodass wir einen langen Weg zum Nachbarort Gouvia gehen mussten. Das war nicht unbedingt schlimm: Viele hübsche alte Yachten gab es zu sehen. Schon am nächsten Steg fanden wir eine weitere Dufour Classic. Auch eine Hallberg-Rassy lag friedlich und noch im Winterschlaf an ihrer Mooringleine.

In der Marina selbst siedelten zahlreiche Geschäfte an. Hier fand man alles, was der Yachti braucht. Zubehörläden, Segelmacher, Elektriker, Schlosser: Der Hafen war als vorübergehender Stützpunkt für den nächsten Monat perfekt. 

 

Im Nachbarort aßen wir im Restaurant „Mythos“ – auf dem ersten Blick ein überdimensioniertes und eher touristischer Laden. Das Personal war schnell, die Preise gut und das Essen von Pastizada bis Gyros herausragend. Ich rate dringlichst von gegenüber liegendem Lokal ab: Wir waren zwei Tage darauf dort und wollten ihm eine Chance geben. Es hatte nicht die selbe Klasse. 

Der Rückweg war lang, das war aber nicht schlimm: Wir zogen von Bar zu Bar und feierten die erfolgreiche Überführung. 

23. – 25. Mai 2019

Der erste Morgen: Meine Crew erledigte für ihre letzten beiden Tage des Törns noch ein paar Einkäufe. Ich klarierte währenddessen das Schiff ein und besorgte eine neue Großschot sowie neue Leinen für den Traveller. Das funktionstüchtige Material war tatsächlich noch Erstausstattung. Zum zwanzigsten Geburtstag der Polaris nahm ich aber ein paar Taler in die Hand – zu früh, wie sich herausstellte: Die Crew wollte ihr zum Dank für die Reise und meine Mühen selbst die Leinen schenken. Ich erhielt trotzdem ein tolles Geschenk – einen beschrifteten Fender mit allen Zitaten der letzten vierzehn Tage. Danke dafür!

Gegen Mittag liefen wir aus und fuhren für 1,80 € (!) den Liter erst einmal tanken.

Wir segelten ziellos umher und genossen den strahlenden Sonnenschein und den lauen Wind. Ein schönes Gefühl, ohne Ziel nicht mehr getrieben zu werden.

Ein paar Manöver und ein paar Kaltgetränke später warfen wir vor Korfu-Stadt bei sechs Meter Wassertiefe unseren Haken ins Wasser. Wir machten das Beiboot startklar und setzten zu einem kleinen Steg über. Die Altstadt von Korfu gefiel uns sehr gut. An einer Bar, unweit der alten Burg, konnten wir bei untergehender Sonne aufs Meer blicken. Die Polaris lag im Hafenbecken, treu wartend vor Anker. Etwa ein Dutzend andere Yachten taten es ihr gleich. Wir flanierten durch die Altstadt und genossen den Abend nach einem entspannten Segeltag.

Am nächsten Morgen vernahm ich im Halbschlaf das Anlassen des Außenborders unseres Beiboots – und das kurz darauf folgende Verrecken. Ich stand auf, stellte mich in den Niedergang und sah meinen Co-Skipper im Dingi mit einem Teil der Crew. Nach ein paar erfolglosen Anlassversuchen später klärte mich das auf der Yacht zurückgebliebene Crewmitglied darüber auf, dass sie Frühstück holen und mich nicht wecken wollten. Eine schöne Geste! Ich schätze meinen Schlaf.


Mein neuer Co-Skipper war mit dem Außenborder jedoch noch nicht vertraut. Ich zückte mein Telefon, um gebrüllte Anweisungen zu vermeiden. Ein kurzes Telefonat und ein geöffneter Kraftstoffhahn später surrte der neue Mercury wieder seelenruhig Richtung Korfu-Altstadt.

Nach dem Frühstück musste uns Sabrina schon verlassen. Ihr Flieger sollte in den Mittagsstunden starten. Wir lichteten den Anker und fuhren zur Pier, setzten die Polaris rückwärts nahe einer kleinen Treppe, die auf gleicher Höhe mit unserer Badeplattform lag. Mit einem großen Schritt verließ sie die Polaris.

Wir verabschiedeten uns. Und plötzlich waren wir nur noch vier Mann auf einem Boot. Eine hübsche Segel-Etappe später fanden wir uns – nach dem Anlegen – wieder in der Gouvia-Marina. Und nach dem Anleger in Form von kristallig-gekühltem Ouzo landeten wir zum Abschluss in den Bars des Nachbarorts.
Es war ein herrlicher Abend unter Herren.

An seinem Abreisetag konnte das verschlafene und verkaterte Crewmitglied Julian beweisen, dass man lediglich eine knappe Stunde vor Abflug aufstehen muss, um seinen Flieger noch zu bekommen. Der Taxifahrer soll wirklich alles gegeben haben – und das Gate wurde mit viel Brimborium wiedereröffnet.
Warum er seinen Fahrzeugschlüssel auf der Yacht gelassen hat? Das kann ich nicht sagen.
Die Lehre: Packen vor dem Abschlussabend.

Auch Lars verließ uns an diesem Tag. Mit Philipp ging am folgenden Sonntagmorgen der Letzte von Bord.
Ich war allein. Die zweite Crew sollte am Dienstagabend folgen – bis dahin war ich erst einmal Einhand-Segler.

Meilenbuch eines Crewmitglieds. Eintragung der Strecke Kroatien - Korfu
Ein Dinghi an einer Kaimauer in Korfu. Ein Kanister (Benzin) im Rumpf, ein Außenborder am Heck.
Glückliche Crew während der Ankunft auf Korfu.
Blick auf Korfu unter Segel auf einer Yacht. Zu sehen im Hintergrund: Korfu.
Eine Flasche Ouzo - Pilavas.
Hafeneinfahrt Marina Gouvia. Geleit durch ein Beiboot.
Gouvia - Marina - Korfu: Drohnenansicht
Lars Walkenhorst auf Polaris mit Blick auf Korfu
Segelyacht auf dem ionischen Meer bei Korfu
Segelyacht, im Hintergrund Korfu. Ionisches Meer. Segel gesetzt.
Lars Walkenhorst und Julian Büche, zufrieden während der Ankunft auf Korfu.
Flagge setzen vor Korfu. Griechenland-Flagge und Q-Flagge zwecks Einklarieren.

Ein paar Worte an meine Crew...

Wir hatten zwei Jahre zuvor unseren ersten gemeinsamen Törn auf der Polaris. Ich suchte für eine Segelreise in Internetforen nach erfahrenen Leuten, die mitmachen wollten. Wir hatten uns vorher noch nie gesehen.
Und doch bewiesen wir, dass man innerhalb von sieben Tagen – bei gehörigem Wind – ab Split über die Kornaten segeln und über Dubrovnik auch wieder nach Split zurückkehren kann. Die damals einzige Hürde für ein Eis in Italien war die zu geringe Sicherheitsausstattung der Polaris.

Diese Spinnerei setzten wir letztes Jahr in die Tat um. Die Yacht wurde für den zweiten Törn passend ausgerüstet. Bei leichter Bora machten wir uns auf den Weg nach Italien – und kamen bei segelbarer Bora zurück.

Diese Saison führten wir die Polaris nach Korfu.
Und ohne eure Bekanntschaft wäre sie nie so weit gekommen.

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