Korfu
Teil 4
von René Schäfer
01. Juni 2019
Uns hat Gaios wirklich gefallen. Am Vorabend, nach der Rettung der in Seenot geratenen Familie, fanden wir eine tolle und preiswerte Pizzeria, in der wir uns nach dem langen und ereignisreichen Tag den Bauch vollschlugen . Ein ausgiebiger Spaziergang auf Paxos brachte uns zu einem Hotelresort, wo auch auswärtige Gäste willkommen waren . An der Pool-Bar ließen wir es uns getränketechnisch gut gehen .
Am nächsten Morgen frühstückten wir in einem Café unmittelbar neben unserer Polaris. Ein mobiler Tankwagen fuhr vor. Ich erkundigte mich nach dem Preis: 1,30 €. Ich ließ volltanken – in der Marina zahlte ich 1,50 €!
Danach ließ ich ein letztes Mal unsere Drohne steigen, denn in einer schönen Bucht, wenige Stunden später, stürzte sie ins Wasser.
Ich hatte sie vor Anker liegend vom Heck aus starten lassen. Der Wind war jedoch so kräftig, dass sie nach dem Abheben um 90 Grad kippte. Wenig später erfuhr ich, dass sie sich in dieser Situation aus Sicherheitsgründen automatisch abschaltet. Dumm nur, wenn Wasser unter ihr ist. Bennet hatte mir im Vorfeld eindringlich geraten, sie aus der Hand starten zu lassen. Ich wollte nicht hören – und so war die Leih-Drohne (via ottonow.de) in Bekanntschaft mit dem Ionischen Meer geraten.
Bennet sprang direkt hinterher, sodass sie nur wenige Sekunden in Berührung mit dem Salzwasser kam. Ich zog den Akku und gab ihr direkt eine Süßwasserdusche .
Ich wollte mir die Laune nicht verderben lassen. Zum Glück waren bis dahin schon so viele tolle Bilder entstanden. Selbstverständlich informierte ich den Verleiher über die Landung – und Wochen nach der Rücksendung bekam ich die Nachricht, dass meine Sofortmaßnahmen anscheinend fruchteten: Die Drohne war funktionsfähig, eine Reparatur nicht notwendig. Ich wüsste nicht, wie viele andere Anbieter da einfach nur Kohle kassiert hätten.
Zurück in der Bucht: Die Nacht schliefen wir vor Anker. Ich kann mich nicht mehr an das Abendessen erinnern – aber sehr deutlich an unsere Versuche zu angeln.
„Wenn ihr einen Fisch fangt, dann müsst ihr ihn auch essen!“, so Maren. Wir waren einverstanden. Und dem Skipper gelang tatsächlich ein Biss! Der Fisch war etwa so groß wie ein Feuerzeug. Bennet packte das noch an der Schnur zappelnde Seegetier, schlug es wie ein Wahnsinniger zwei-, dreimal gegen die Yacht und riss ihm daraufhin an den Kiemen den Kopf ab. Meine Fresse! Ich konnte mich nicht mehr halten vor Lachen.
Ein paar Minuten später bruzzelte es in Knoblauch und Öl in der Pfanne. Wir hatten jeweils nur eine kleine Gabel voll. Der Geschmack war gleichwohl sehr … frisch.
02. Juni 2019 | Der letzte Abend
Am nächsten Tag segelten wir von der Bucht bei Paxos zurück Richtung Korfu. Wir wollten westlich an der Insel vorbeiziehen. Nachdem wir Korfu erreicht hatten, ließen wir uns bei Flaute ein paar Minuten von einer toten Welle durchschütteln. Es war so unangenehm, dass selbst mir schlecht wurde .
Auf der östlichen, zu Griechenland gewandten Seite, sah ich deutlich ruhigeres Wasser. Wir drehten um – und wenige Minuten später war der Spuk vorbei. Die Sonne schien, und wir frühstückten bei ruhiger See.
Nach dem Frühstück kam ein schöner Wind auf. Wir segelten hart am Wind an Korfu-Altstadt und Gouvia vorbei und gelangten in eine schöne Bucht. Hier sollten wir dreimal versuchen, Kette zu stecken. Der Grund war recht tief, und die Bucht voller Boote.
Als ein Katamaran tief in der Bucht seinen Anker hob, witterte ich die Gelegenheit: Wir nahmen seinen Platz ein – und sollten auch dort schlafen.
Mit dem Dinghi ging es später in das kleine Örtchen. In einer von zahlreichen Touristen frequentierten Bar verbrachten wir einen tollen Abend. Eine kleine Live-Band spielte irgendwann auf und animierte zum Tanz. Wir hatten viel Spaß.
03. Juni 2019
Der nächste Morgen: Es war bewölkt, und für den Tag war Regen angesagt. Wir machten uns daher früh auf den Weg – unser Plan war, wieder im Altstadt-Hafen von Korfu zu liegen. Am nächsten Tag war der Törn für diese Crew bereits vorbei! Und bei Regen herumzufahren macht weder Spaß noch Sinn .
Also lichteten wir den Anker und tuckerten nach Korfu – doch der Regen war schneller. Und es regnete nicht zu knapp. Vicky und Maren schlossen unten alle Luken. Einer Luke aber wurden sie nicht Herr: genau die, die schon beim Gewittersturm vor Albanien getropft hatte .
Bennet und ich hielten bei einem leckeren Kaltgetränk oben die Stellung, während sich die Damen unten warmhalten durften.
In Korfu-Stadt angekommen rief ich per UKW die Altstadt-Marina an. Wir standen bereits in der Schlange – das zweite von drei Booten. Der Marinero hatte alle Hände voll zu tun. Nach etwa einer halben Stunde konnte er Platz schaffen, und wir durften anlegen.
Bennet und ich machten das Boot bei strömendem Regen zu zweit fest – vorwärts, zur Erinnerung: Rückwärts geht dort nicht, weil sonst das Ruderblatt kaputtgeht. Siehe Reisebericht „Der einsame Skipper“ .
Fünfzig Euro und einen Anleger-Schnaps später machten wir uns nach zwei Nächten in Buchten hübsch für einen Stadtgang. Den Abschlussabend genossen wir bei einem schönen Abendessen. Der Skipper wurde eingeladen – vielen Dank dafür!
04. Juni 2019 | Crewwechsel
Am nächsten Morgen war meine Crew bereits auf den Beinen, während ich noch schlief – ihre Abreise stand bevor. Nach einer schönen Dusche in der kleinen sanitären Anlage kamen sie mit Geschenken zurück. Ich bekam hübsch bemalte Schnapsgläser und eine Flasche Ouzo. Habt Dank!
Sie packten ihre Sachen, und schweren Herzens verabschiedeten wir uns. Bennet half beim Ablegen. Rückwärts aus dem Hafenbecken hinaus, verneigte ich mich ein letztes Mal und verabschiedete mich von dieser angenehmen Crew – in allen Sprachen, die mir geläufig sind. Es sind nicht viele: „Auf Wiedersehen!“, „Goodbye!“, „Arrivederci!“, „Doviđenja!“ – und auf Tonči-Sprache: „Tschüss, Kinder!“
Aus dem Hafen heraus holte ich die Fender ein und tuckerte bei trübem Wetter zurück in die Marina Gouvia. Meine nächste Crew sollte am folgenden Morgen eintreffen. Ich gönnte mir die Nacht in der Marina – auch wenn ich allein war –, um alles in Ruhe vorbereiten zu können: Wäsche waschen, Yacht putzen, Bier trinken. Auch den Grundeinkauf wollte ich schon erledigen, damit meine Reisegruppe am nächsten Tag ohne Stress, aber mit einem schönen Frühstück, in See stechen konnte.
Am Abend ließ ich den Tag bei Weißwein und einer weiteren Folge Chernobyl ausklingen. Das Wetter besserte sich zunehmend. Die Sonne ging hinter Korfu unter – und es sollte von da an stabil bleiben. Ich freute mich besonders, denn diese neue Reisegruppe bestand aus meinen Arbeitskollegen, die ein Jahr zuvor zwischen Regen und Bora keinen einzigen konstant brauchbaren Tag erleben durften.