Bielefeld. „Man kann keine neuen Ozeane entdecken, solange man nicht den Mut hat, die Sicht auf die Küste zu verlieren“, heißt es in einem Zitat vom französischen Schriftsteller André Gide. Von diesem Mut hat René Schäfer reichlich bewiesen: 21 Tage lang war der Bielefelder auf dem Atlantik von den Kanarischen zu den Karibischen Inseln unterwegs. Mit seiner 13 Meter langen Jacht „Polaris“ legte er dabei rund 2.800 Seemeilen oder 5.200 Kilometer zurück.
„Das Boot hat echt bewiesen, wofür es gebaut wurde“, sagt der 34-Jährige, der das Abenteuer mit seinen langjährigen Freunden Philipp Büche, Dominik Tober und Ralf Hinrichs – allesamt erfahrene Segler – wagte. Bei einem Törn wie einer Atlantiküberquerung sei es unerlässlich, dass man sich auf die Technik und auch auf das Schiff voll und ganz verlassen kann. „Es hat super durchgehalten.“
Drei Wochen auf hoher See, nach dem Ablegen im Hafen von Funchal auf Madeira weit und breit kein Land in Sicht: Das moderne Equipment und die eingespielte Crew geben ein Gefühl der Sicherheit – und doch waren die vier Männer über weite Strecken der Reise komplett auf sich allein gestellt. „Es ist schon was anderes, als wenn man mit dem Schiff vor der kroatischen Küste unterwegs ist“, sagt René Schäfer. „Da ist in einer Notsituation schnell die Küstenwache vor Ort, die einem helfen kann.“ Angst habe er aber dennoch keine gehabt. Selbst dann nicht, als die „Polaris“ mit heftigen Windböen mit mehr als 85 Kilometern pro Stunde zu kämpfen hatte.
Der Mast der Polaris hielt dem Sturm stand
Schäfer erinnert sich genau daran, dass er eines Nachts in seiner Koje aufwachte und merkte, dass das Boot starke Seitenlage hatte. An Deck musste er erkennen, dass die Jacht tatsächlich extrem schief im Wasser lag. Erst als die Crew in Teamarbeit ein Segel eingeholt hatte, gelang es, das Schiff zu stabilisieren und aus der gefährlichen Gewitter- und Regenzelle zu entkommen. „In solch einer Situation funktioniert man einfach“, sagt der Bielefelder, der sich mit Schaudern an die vier bis fünf Meter hohen Wellen erinnert. „Aber man bekommt sehr großen Respekt vor solchen Naturgewalten.“ Der Mast der Polaris hielt dem Sturm stand. Und auch die Mannschaft erwies sich als absolut hochseetauglich. „Wir konnten uns immer gegenseitig auf den anderen verlassen“, sagt Schäfer. „Wir haben ja zusammen schon so viele Törns gemacht, dass wir einfach wissen, wie wir funktionieren. Gerade, wenn es darauf ankommt.“
Wenn sich das Wetter von seiner freundlicheren Seite zeigte, gab es während der Überfahrt natürlich auch wunderschöne Erlebnisse und Gänsehautmomente. Sonnenuntergänge bei wolkenlosem Himmel im endlos wirkenden Meer, die Begleitung durch Delfine im Fahrwasser des Schiffes oder einfach ein Sonnenbad auf Deck sind nur einige Beispiele dafür. Durch das Schichtsystem der Crew hatte René Schäfer häufiger Gelegenheit, den Törn einfach nur auf dem Deck liegend zu genießen. „Auf anderen Törns mit Gästen an Bord hat man viel mehr damit zu tun, das nächste Etappenziel zu planen und das Boot zu steuern.“
“Ich kann jetzt viel besser mit stressigen Situationen umgehen“
Und auch sonst hat der Bielefelder während der Überfahrt viel für sich und über sich gelernt. „Ich kann seit der Atlantiküberquerung viel besser mit stressigen Situationen umgehen und sehe sie viel gelassener.“ Dadurch, dass auf hoher See von Improvisationstalent und Einsatz das nackte Überleben abhängt, wirken die Probleme im Arbeitsalltag plötzlich ganz anders. „Ich bin entspannter geworden, weil ich weiß, dass - egal was kommt - es immer irgendwie gut ausgehen wird.“
Nach exakt 21 Tagen und vier Stunden machte die Crew mit der „Polaris“ sicher im Hafen der zum Inselstaat St. Vincent und die Grenadinen gehörenden Insel Bequia fest. Doch damit war die Tour noch nicht beendet. Schäfer, der eine viermonatige Sabbatzeit von seinem Beruf als Polizist genommen hatte, erkundete mit Teilen der Crew und ihm nach gereisten Freunden die karibische Inselwelt. Von diesen Törns berichtet René Schäfer auf seiner Schiffs-Homepage – und auch persönlich seinen Gästen, die er zum Segeln mitnimmt.
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